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Kaiserliches Ischl

 

Im großen und ganzen hat der Wandel der Zeit in Bad Ischl nicht viel Schaden angerichtet. Natürlich ist die Verkehrsbelastung auch hier ein Problem, und nicht jeder Neubau ist ist als Bereicherung der Stadt zu betrachten. Trotzdem hat die „Kaiserstadt” mit ihren 14 000 Einwohnern nicht nur ihren Charakter, sondern auch erstaunlich viel von ihrem Aussehen bewahrt. Franz Josef und Elisabeth würden sich ohne Schwierigkeit in „ihrem” Ischl noch zurechtfinden.

Man könnte sagen, daß sich die Stadt nun in der dritten Phase ihrer Entwicklung befindet. Die Salinen, das Salzbergwerk also, wo übrigens während des Zweiten Weltkrieges die unersetzlichen Kunstschätze des Wiener Kunsthistorischen Museums Zuflucht gefunden hatten, sind noch in vollem Betrieb. Ihre Technologie würde die keltischen Bergleute, die vor 3000 Jahren die ersten Stollen anlegten, in Erstaunen versetzen. Nur die Salzschiffer auf der Traun gibt es nicht mehr; moderne Transportmöglichkeiten haben sie abgelöst.

Auch der Kurbetrieb blüht nach wie vor, nur daß die medizinischen Errungenschaften der Gegenwart bei der Behandlung von Erkrankungen der Atemwege, bei Herz- und Kreislaufbeschwerden eingesetzt werden. Als Touristikzentrum ist Ischl idealer Ausgangspunkt für Wanderungen im Berg- und Seengebiet des Salzkammergutes, zum Schifahren und Bergsteigen, Schwimmen und Segeln, zum Reiten, Tennis- und Golfspielen. Man kann in altmodisch-gemütlicher Weise „die Wasser gebrauchen”, also zu Heilzwecken trinken und im warmen Solebad schwimmen. Adalbert Stifters entzückende Erzählung „Der Waldsteig” liefert uns dazu eine Beschreibung des biedermeierlichen Ischler Badebetriebes, der seinen Helden nicht nur an Leib, sondern auch an der Seele heilte.

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Und dann natürlich kommen die Gäste wegen der Atmosphäre der „Kaiserstadt”, in der sich so unvergleichlich erleben läßt, was die österreichische Monarchie einst war. Wenn hier vom „Kaiser” gesprochen wird, so hört es sich an, als weile Franz Josef noch in seiner Residenz. Denkmäler und Sehenswürdigkeiten in und außerhalb der Stadt verstärken diesen Eindruck.

Bürgermeister Seeauers Haus an der Esplanade, wo Sisis Verlobung mit Franz Josef besiegelt wurde, war bis zum Tod seines Vaters 1878 die sommerliche Mietwohnung seiner Eltern. Anschließend wurde es das Hotel Austria, 1982 von der Stadtgemeinde erworben und 1989 zum Stadtmuseum umgestaltet. Das Grand Hotel Tallachini, der Schauplatz von Franz Josefs Heiratsantrag, hieß später Hotel Kaiserin Elisabeth. Hier stiegen Könige und Staatsmänner ab; jetzt ist es - als Residenz Elisabeth - Wohngebäude.

Vor dem Tor der Pfarrkirche kann man sich die denkwürdige Szene vom 19. August 1853 gut vorstellen, als Erzherzogin Sophie der zukünftigen Kaiserin von Österreich den Vortritt ließ. Im Inneren der Kirche befindet sich, äußerlich unverändert, Anton Bruckners Orgel. 1888 gebaut, wurde sie anläßlich Franz Josefs 80. Geburtstag 1910 ergänzt. Ihr herrlicher Klang ertönt nach wie vor, unter anderem zur traditionellen Kaisermesse am 18. August jeden Jahres, wenn die versammelte Gemeinde das „Gott erhalte” nicht anders singt als damals vor dem Priestersegen, den Franz Josef für seine junge Braut erbat.

Das hervorragend restaurierte Kurhaus, wo so viele Bälle, Empfänge und Diners zu Ehren illustrer Gäste abgehalten wurden, ist nun Theater- und Konferenzzentrum; wie zur Zeit seiner Eröffnung 1875 der Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens. Von den Operetten, die hier im Rahmen eigener Festwochen jedes Jahr aufgeführt werden, ist gewöhnlich eine von Franz Lehar. Er schrieb 24 seiner insgesamt 30 Operetten in Ischl; seine Villa steht nun als Lehar-Museum Besuchern offen. An schönen Sommerabenden kann man auf der Terrasse des Kurhauses dinieren oder zwischen kunstvoll angelegten Blumenbeeten und Springbrunnen promenieren - dazu spielt die Kurhauskapelle Johann Strauß.

Was einstmals Kaiserin Elisabeths privates Schwimmbad war, ist nun das Parkbad von Bad Ischl, eine willkommene Erfrischung an heißen Sommertagen. Die Erbin der Kaiservilla, Franz Josefs und Elisabeths jüngste Tochter Marie Valerie, überließ 1924 das ursprünglich zum Kaiserpark gehörende Stück des Stadtufers samt Schwimmbad der Stadtgemeinde.

Nach wie vor gibt es köstliche Mehlspeisen zum Kaffee in der Konditorei Zauner, die ihr luxuriöses Ambiente bewahrt hat, und auch die anderen Cafes wie Ramsauer oder Attwenger haben ihr Aussehen kaum verändert. Durch den Abbruch der kleinen Holzbrücke über die Ischl, die Franz Josef auf seiner morgendlichen Wanderung zu Katharina Schratts Frühstückstafel benützte, kann man zwar den gleichen Weg nicht mehr gehen, doch ihre Villa Felicitas (heutzutag Villa Schratt genannt) ist als erstklassiges Gästehaus und Restaurant das Ziel vieler Besucher.

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Und schließlich die Kaiservilla selbst, das Juwel in der kaiserlichen Krone der Kaiserstadt. Etwas abgelegen, durch Brücke und Auffahrt in der Stille des alten Parkes separiert, läßt sie den Status ahnen, den sie hatte, als Kaiser und Kaiserin hier residierten. Alle Veränderungen der Zeit sind spurlos an ihr vorübergegangen, und noch wird sie von Habsburgern bewohnt, den direkten Nachkommen Kaiser Franz Josephs und Kaiserin Elisabeths. Nicht ein Museum steht hier vor uns, sondern lebendige Geschichte.

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